Mittwoch, 26. September 2012

Grenzgängerisch unterwegs


Die burgenländische Weinidylle erstreckt sich entlang der ungarischen Grenze, es gibt keinen „Eisernen Vorhang“ mehr, ungehindert und ungefragt kann der Wanderer, Radfahrer und Automobilist sich hin- und her bewegen. Das Grenzgebiet ist hüben von Wein-, sonstiger Landwirtschaft und Tourismus geprägt und drüben sehr ärmlich. Die kleinen burgenländischen Dörfer sind sauber, die Häuser fein herausgeputzt, die Felder gut bestellt, Obst und Wein gedeihen prächtig.




Auf abenteuerlichen Feldwegen kann man die Grenze queren, dies taten wir, bis wir auf einer Lichtung landeten, wo Bienenstöcke aufgestellt waren – ungarische Bienen!




Es gab nur mehr wenden, da wir kein Geländefahrzeug besitzen, war der Abenteuerlust Einhalt geboten.

Eine andere Überraschung bot sich, als wir von Ungarn nach Österreich fuhren – zuerst nahe der Ortschaft Nemesmedves, das ist deutsch Ginisdorf, die kleinste Siedlung des Komitates Vas, praktisch mitten im Wald, eine  Kriegs-Gedenkstätte 



und ein  Kopjafa-Park.

Ein richtiger Waldweg führte Richtung Österreich, nur Mutige erwarten dort auch einen Grenzübergang – und ich zermarterte mir inzwischen den Kopf, was "Traktor" und "abschleppen" auf ungarisch heißen könnte....




Doch siehe da, wo ein Wille ist, ist auch ein verlassenes Grenzwärterhäuschen!





Das ungarische Grenzgebiet hat aber nicht nur Wald- und Feldwege zu bieten, die wir besichtigen wollten, es gibt ein kulturelles Kleinod:  

Im Ort Ják im Komitat  Vas (nahe der burgenländischen Grenze ca. auf Höhe Bildein) besuchten wir 


die ab 1214 als Benediktiner Kirche erbaut wurde.




Im Grundstil romanisch ist der gotische Einfluss schon zu erkennen.
Das westliche Haupttor besitzt 12 Gewölbepfeiler, über der Wölbung befinden sich die 12 Apostel, in der Mitte Jesus. Die Türken haben die Köpfe der Apostel abgeschlagen, diese wurden in der Barockzeit erneuert.
Interessant sind die Löwenfiguren – links der brüllende Löwe mit Menschenkopf –
und rechts der Löwe von Juda (Christus), welcher den Teufel besiegt.




An der Hauptapsis sehen wir ein Sonnenfenster mit 3 Speichen, dies ist das Symbol der Heiligen Dreifaltigkeit. Die aufgehende Sonne erreichte zuerst das irische Kreuz und das Fenster. Im Mittelalter baute man alle Kirchen in östliche Richtung.

Im Inneren der Kirche finden sich noch originale Freskobruchteile. Unter dem Turm: Beerdigungsszene, Himmelfahrt, Engel des letzten Urteils.
Im Hauptschiff: hinter dem neoromanischen Altar befindet sich das originale St. Georgs Fresko des Namenspatrons der Kirche.



Die Empore: ursprünglich der Platz des Gründers mit seiner Familie – hinter der Orgel in die westliche Fassade sind Stühle aus Stein gemeißelt.

Die Kanzel ist nicht original, ein Werk von János Kopits.



Die St. Jacobs Kapelle war ursprünglich die Kirche des Dorfes, diese wieder wurde auf dem Grundriss einer früheren Kirche gebaut. Sie hat einen Kreuz-Grundriss, ist aus heimischen Ziegelsteinen gebaut, nur die Fenster und Türen sind aus Stein.
In der Barockzeit wurde die Kapelle mit einem Holzdach und barocken Fresken versehen.


Die Pfarre Ják ist seit 1989 Partnerpfarre der Weinviertler Pfarre Ernstbrunn, die partnerschaftliche Zusammenarbeit wurde mit gemeinsamen Gottesdiensten und Speis und Trank – was in Ungarn Bogracs Gulyas bedeutet, gefeiert, wobei sich erste freundschaftliche Kontakte entwickelten.

Detail am Rande: auch ein Kirchenbesuch kann abenteuerlich sein, im Innenraum war es dunkel, für Beleuchtung gab es einen Münzautomaten, ohne 100-Forint steht man im Dunklen.




14 Kommentare:

  1. Ja, ja, wenn einer ein Reise tut. Sind aber schöne Bilder.
    LG Elke

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  2. Interessante touristische Ausflug, voll von Nachrichten und schönen Bilder. Man hat so viel Lust dort sofort hinfliegen!
    Vielen dank!!!!

    LG Claudia

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  3. Vielen dank für den Bild-Bericht über euren schönen und interessanten Ausflug! Es ist schön, dass man sich ungehindert zwischen den beiden Ländern bewegen kann. Als wir aus Wien nach Györ und Budapest fuhren, wussten wir kaum, dass da eine Grenze zwischen den Ländern war.
    LG aus dem zur Zeit regnerischen Finnland
    Clarissa

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  4. Wunderbar diese Kirche! Erinnerungen an den Kunstgeschichteunterricht werden wach!
    Da ich seit einpaar Jahren direkt an der österrichisch-ungarischen Grenze wohne sind für mich der Anblick von alten Grenzhäuschen, verrosteten Stacheldrahthinterlassenschaften, verrotteten Holzpfählen und seltsamen Wällen im Wald ein täglicher Anblick.

    Liebe Grüße aus Hammer
    Renate

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  5. http://www.meinbezirk.at/lockenhaus/magazin/es-war-einmal-der-eiserne-vorhang-d144540.html
    http://www.meinbezirk.at/lockenhaus/magazin/ausflug-zu-den-siebenbruendeln-d237436.html

    Hier könnt ihr von meinen Unternehmungen an und über die Grenze lesen und gucken.
    LG
    Renate

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  6. Liebe Traude, lieber Sigi!
    Grenzwanderungen sind sehr interessant und informativ. Euer Bericht gefällt mir sehr gut.
    Vielleicht wäre es auch für unsere Kirchen ein finanzieller Vorteil, wenn für die Beleuchtung des Inneren Münzen nötig wären.
    Lieben Gruß
    Poldi

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  7. danke dass ihr uns auf die Grenzwanderungen mitnehmt. Ich bin hier gerne mitgelaufen (-gefahren) - und habe mich sogar über die ungarischen Bienen gefreut ;-)
    Das Filmchen fand ich auch sehr schön - und der Chor ging mir richtig ans Herz.
    lieber Gruß von Heidi-Trollspecht

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  8. Oft fahre ich ja nicht nach Ungarn und ich vermeide es auch tunlichst, von den "großen" Straßen abzufahren - trotzdem habe ich mir ein kleines Deutsch-Ungarisch Wörterbuch gekauft. Totaler Blödsinn, weil ich die Wörter garantiert falsch aussprechen und mich eh keiner verstehen würde, wenn ich telefonisch Hilfe anfordern müsste *g*

    Danke für deinen Bericht, liebe Traude. Bildein steht nämlich auf meinem Ausflugszettel (Neffe schwärmt so davon, weil er da immer zu Rock-Festivalls hinfährt) und dann kann ich auch gleich ein Stückerl weiter über die Grenze nach Ják fahren.

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  9. Liebe Traude, ich war auch gerne bei deinem Grenzgang dabei....mit deinen Bildern und Texten bekommt man eine gute Vorstellung wie sich die ehemalige Grenze jetzt zeigt. Die St.Georgskirche ist ein Schmuckstück! All die Ornamente mit der Hand aus Stein gehauen...beeindruckend und wunderschön.
    Der Chorgesang passt so schön zum Rundgang durch die Kirche.
    Dankeschön, dass wir dich so häufig auf deinen Reisen begleiten dürfen!
    Herzliche Grüße, Lollo

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  10. Sehr interessant...ein schöner Bericht.

    Wünsche euch einen schönen Abend,
    liebe Grüße Eva

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  11. Der beste Reiseführer hätte diesen Bericht nicht schöner und besser gestalten können.
    Liebe Grüße
    Elisabeth u. Karl

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  12. Da ich nicht weiß, wie oft ihr euer Mailkastl leert, hinterlasse ich hier eine Nachricht: Da ist was drin für euch :-)))!
    Liebe Grüße und gutes Gelingen!
    Verena

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  13. Prima Bericht!
    Und lachen musste ich bei der 100.- Forint Beleuchtung für die Kirche.
    Aber irgendwie auch verständlich, weil wie will man die Energiekosten als kleine Gemeinde finanzieren?!
    Früher gab es Kerzen und der Küster zündelte.

    Herzliche Grüße,
    G.

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  14. Spät aber doch sage ich danke für die lieben Kommentare und wünsche noch eine schöne Woche !
    Liebe Grüsse an alle

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